Zurück zur vorherigen Seite
News - Article test endotoxine - image
Wednesday, 09. December 2020 - 15:37

Die Arbeitsgruppe von Professor Franka Kalman, tätig am Institut « Life Sciences » der HES-SO Valais-Wallis, hat einen wichtigen wissenschaftlichen Artikel im einflussreichen Journal «Analytical Methods» der Britischen «Royal Society of Chemistry» (Königliche Chemische Gesellschaft) veröffentlicht.Professor Kalmans Arbeitsgruppe präsentiert in dem Artikel ihre neusten Forschungsergebnisse auf dem Gebiet der Endotoxin Quantifizierung. 

Sie haben dazu eine einzigartige neue chemische Testmethode entwickelt. Diese basiert auf einem kleinen chemischen Endotoxin-Baustein. Im Gegensatz zu den bestehenden Endotoxin Messmethoden verwendet diese neue Methode zu 100 % chemische Prozesse. Die heute etablierten Methoden basieren fast ausschliesslich auf biologischen Reaktionen. Am meisten wird der so genannte LAL (Limulus Amebocyte Lysate) Test weltweit angewandt. Dieser verwendet das blaue Blut des prähistorischen Pfeilschwanzkrebses, da dieses Blut antibakterielle Eigenschaften hat und sehr spezifisch auf Endotoxine reagiert. Er erlaubt eine sehr empfindliche Messung der Endotoxine. Die Population des Pfeilschwanzkrebses (heimisch in Brackgewässern z.B. am Golf von Mexiko) ist heute stark am Abnehmen, da alle Gesundheitsbehörden weltweit wie z.B. die FDA (Food & Drug Administration, Nahrungsmittel- und Medikamentenzulassungsbehörde, USA) und die EMA (European Medicines Agency, Europäische Medizinagentur) die Resultate dieses LAL Testes als offiziell anerkennen und damit viel blaues Blut des Pfeilschwanzkrebses gebraucht wird.

Der biologische LAL Test hat eine sehr grosse Messtoleranz mit Abweichungen von 50 – 200 %. Im Gegensatz dazu erlaubt die neue chemische Methode pharmazeutischen Firmen ihre Medikamente mit einem Fehler kleiner als 10 % auf Endotoxine zu testen. Die neue Methode quantifiziert Endotoxine auf einfache und automatisierbare Art und Weise unter Verwendung von in pharmazeutischen Qualitätskontrolllaboratorien gebräuchlichen Instrumenten.  Damit ist die Analyse bedeutend ökonomischer als der LAL Test.

 

3 Fragen an Professor Franka Kalman:

Wie funktioniert die Methode, die Sie entwickelt haben?

Vielleicht als kurze Einleitung: es ist sehr schwierig Endotoxine zu quantifizieren, da sie sehr komplexe, diverse und heterogene Moleküle sind. Generell werden sie mit biologischen Testverfahren gemessen.

In unserem neuen chemischen Test halten wir uns zu Gute, dass alle Endotoxine in ihrem Zentrum eine kleine, sehr seltene Zuckersäure enthalten, sie heisst KDO. Diese kommt fast ausschliesslich nur in den Endotoxinen vor. Mit einer optimierten Säurebehandlung unserer endotoxinhaltigen Proben wird diese kleine Zuckersäure aus den grossen und komplexen Endotoxinen herausgeschnitten. Dann folgt eine chemische Reaktion der intakten Zuckersäure mit dem Fluoreszenzmarker DMB. Das erlaubt eine empfindliche Detektion (Messung) des KDOs. Mit dem nun bekannten KDO-Gehalt berechnet man den Endotoxin-Gehalt in einer Probe. Dieses Verfahren ist einfach, schnell und hat einen kleinen Fehler. Und es verwendet nicht das Blut eines prähistorischen Tieres.

 

Warum ist das wichtig?

Die Endotoxine sind omnipräsent in unserer Umgebung. Sie kommen in allen nicht steril hergestellten Wirkstoffen und Medikamenten vor.

Wenn Endotoxine in unseren Blutkreislauf gelangen sind sie sehr gefährlich. Sie können Blutvergiftung, einen septischen Schock und sogar den Tod verursachen. Aus diesem Grund verlangen die Gesundheitsbehörden weltweit sehr strikte und strenge Qualitätskontrollen von allen Wirkstoffen und Medikamenten. Diese stellen sicher, dass keine Endotoxine in den pharmazeutischen Präparaten vorhanden sind. Die Hersteller von Medikamenten in nicht sterilen Bioreaktoren müssen komplexe Verfahren entwickeln, um die Endotoxine aus den biologisch hergestellten Wirkstoffen zu entfernen. Das sind sehr teure und aufwendige Prozesse. Während der Verfahrensentwicklung muss man sehr oft die Menge an Endotoxinen bestimmen, was mit den herkömmlichen biologischen Methoden sehr teuer und aufwendig ist. Die Endotoxin-Messung ist also ein wichtiger Schwerpunkt der Gesundheitsbehörden und der pharmazeutischen Firmen. Aus diesen Gründen ist es wichtig moderne und ökonomische Verfahren zur Quantifizierung von Endotoxinen zu etablieren, die auch einen möglichst kleinen Messfehler aufweisen. Natürlich ist auch die Verhinderung der industriellen Verwendung des Blutes eines prähistorischen Tieres wie des Pfeilschwanzkrebses, ein Grund einen neuen Test zu entwickeln.

Ich denke, wir arbeiten an einem sehr interessanten und aktuellen Thema der angewandten Forschung, das wissenschaftlich extrem herausfordernd ist. Mit unserer Arbeit wollen wir einen Endotoxintest kreieren, der fit für das 21. Jahrhundert ist.

 

Werden Sie einen Test für die pharmazeutische Industrie entwickeln? 

Ja, wir wollen ein einfach zu handhabendes und ökonomisches Kit für die Quantifizierung von Endotoxinen für die pharmazeutische Industrie entwickeln. Im Augenblick führen wir mit vielen verschiedenen Proben sehr viele Vergleichsmessungen zwischen dem etablierten LAL Test und unserer chemischen Methode durch. Wir verwenden dafür sehr komplexe Proben wie z.B. Bioreaktorproben und Proben, die eine hohe Konzentration an Proteinen (Eiweißen) enthalten. Damit wollen wir beweisen, dass die Ergebnisse beider Methoden gleichwertig sind. Das ist eine Vorbedingung für die Akzeptanz unseres Testes in der pharmazeutischen Industrie und bei den Gesundheitsbehörden. Erfreulicher Weise haben wir bisher eine sehr hohe Korrelation zwischen den Ergebnissen der beiden Tests festgestellt.

Des Weiteren, im Rahmen eines Innosuisse (Agentur für Schweizer Innovationsförderung) Projektes, entwickeln wir zusammen mit der St. Galler Firma FILTROX neue kombinierte Klärungs- (Entfernen der Zellbestandteile) und Endotoxin- Filter, die in industriellem Massstab eine ökonomische Aufarbeitung von Fermentationslösungen erlauben. Heute ist das noch eine schwierige und teure Aufgabe.

Wenn wir mit dem Projekt Erfolg haben, wird die industrielle Aufarbeitung von Fermentationslösungen und damit die biopharmazeutische Medikamentenproduktion viel effektiver und kostengünstiger als bisher. Für die Filterentwicklung setzten wir natürlich unsere neue ökonomische Endotoxin Methode ein.

 

 

Artikel Referenz: 

B. Bucsella, A. Hoffmann, M. Zollinger, F. Stephan, M. Pattky, R. Daumke, F. J. Heiligtag, B. Frank, M. Bassas-Galia, M. Zinn and F. Kalman, “Novel RP-HPLC based assay for selective and sensitive endotoxin quantification”, Anal. Methods, 2020, 12, 4621; DOI: 10.1039/d0ay00872a (2020)