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Prof. Dr. Fabian Fischer
Wednesday, 06. March 2019 - 12:17

Die Hochschule für Ingenieurwissenschaften der HES-SO Valais-Wallis hat die längste mikrobielle Brennstoffzelle der Welt entwickelt. Mit dem in der Kläranlage von Châteauneuf-Sitten installierten System kann so neben der Abwasseraufbereitung auch Strom erzeugt werden. Dieses in Zusammenarbeit mit der HE-Arc in St. Imier durchgeführte Pilotprojekt wird vom Bundesamt für Energie (BFE) und der Stiftung The Ark unterstützt. 

Kläranlagen sind grosse Stromverbraucher. Mit einem System aus mikrobiellen Brennstoffzellen könnten die im Abwasser enthaltenen Mikroben zur Stromerzeugung genutzt werden. Dieses 1910 erstmals beschriebene und anschliessend in Vergessenheit geratene Verfahren wurde vor ein paar Jahren wiederentdeckt und unter anderem von Prof. Dr. Fabian Fischer der Hochschule für Ingenieurwissenschaften der HES-SO Valais-Wallis weiterentwickelt. In Zusammenarbeit mit der Kläranlage von Châteauneuf haben sein Team und die Forschenden der HE-Arc in St-Imier die längste mikrobielle Brennstoffzelle der Welt entwickelt. 

64 in Reihe geschaltete Brennstoffzellen

„Wir verfolgen ein dreifaches Ziel: Wir wollen den Stromverbrauch der Kläranlage senken, das Abwasser aufbereiten und Strom erzeugen“, erklärt Dr. Fischer. Die Ende 2018 in Betrieb genommene Brennstoffzelle erzeugt nicht nur ausreichend Strom, um mehrere Lithium-Batterien zu speisen, sondern ermöglicht auch die kostenlose Aufbereitung des Abwassers. Das 14 Meter lange System – das längste der Welt – besteht aus 64 in Reihe geschalteten Brennstoffzellen.

Das Projekt begann 2016 im Labor von Dr. Fischer mit einem 12-Liter-Behälter. Das aktuelle System, dessen Konstruktion ein ganzes Jahr in Anspruch nahm, wird in den kommenden zwei Jahren noch optimiert werden. „Die Forschungsarbeiten stehen noch ganz am Anfang. Durch die Verbesserung des Prozesses und die Vergrösserung der Anlage könnte die Kläranlage von Châteauneuf jährlich über CHF 600‘000.- an Stromkosten sparen und gleichzeitig die Energiebedürfnisse von 250 Haushalten decken“, versichert er. 

Einsparungen von 50-70 %  

In den Industrieländern wird 1-2 % der gesamten erzeugten Energie für die Abwasseraufbereitung verwendet. Die grössten Verbraucher sind die biologischen Becken, die für den biologischen Abbau der Bakterien belüftet werden müssen. 50-70 % des Stromverbrauchs einer Kläranlage werden für diese Belebungsbecken benötigt. „Die Stromrechnung könnte um 1 % gesenkt werden, was für die Gemeinden, die eine Kläranlage betreiben, eine beachtliche Kostensenkung darstellen würde“, so Dr. Fischer.

Durch den Ersatz der Belüftung durch ein Elektrodensystem kommen statt bioelektrische aerobe Mikroben zum Einsatz. So wird es möglich, die für die Rührprozesse eingesetzte Energie zu sparen und bei der Abwasseraufbereitung Strom zu erzeugen. Da Abwasser 8- bis 10-mal mehr Energie enthält als für seine Aufbereitung notwendig ist, ist eine Nettostromerzeugung möglich.

Ein Wirkungsgrad von 25 %  

„Das System weist ein hohes Verbesserungspotential auf. Theoretisch ist es möglich, einen Wirkungsgrad von 25 % zu erzielen. Eine Kläranlage für 100‘000 Einwohner könnte so einen jährlichen Gewinn von CHF 1.75 Mio. abwerfen. In der Schweiz könnten 0.2 kWh pro Person und pro Tag erzeugt werden, was einem jährlichen Potential von 500-700 GWh entspricht,“ führt Dr. Fischer weiter aus. Die Energiebilanz wäre somit positiv und Kläranlagen würden zu Nettostromerzeugern werden: Statt Energie zu verbrauchen, könnten sie Energie produzieren.