Nach zweijähriger Bauzeit und Investitionen in Höhe von 2.6 Millionen Franken konnte das pädagogische Zentrum für Erdbebenprävention (CPPS) vor Kurzem seine neuen Räumlichkeiten auf dem Campus Energypolis der HES-SO Valais-Wallis in Sitten beziehen. Ab heute steht es den Walliser Schulklassen für die Vorbereitung auf ein mögliches Erdbeben zur Verfügung. Das CPPS bietet auf drei Bereiche verteilt 27 interaktive Aktivitäten, darunter den 5x6 m grossen Erdbebensimulator, mit dem Erdbeben der Stärke 7 auf der Richterskala nachgestellt werden können. Das neue Zentrum steht nach Voranmeldung allen interessierten Personen und auch Firmen offen.
Erdbeben sind die Naturgefahr mit dem grössten Schadenspotential unseres Landes. Gemäss Fachleuten weist das Wallis die höchste Erdbebengefährdung der Schweiz auf. Im statistischen Mittel ereignet sich im Wallis alle 80 bis 100 Jahre ein Erdbeben der Magnitude 6. Das letzte derartige Erdbeben erschütterte im Januar 1946 die Umgebung von Sitten. Es forderte vier Todesopfer und verursachte Schäden in Millionenhöhe. Aufgrund der inzwischen viel dichteren Besiedlung insbesondere in der Talebene wären die Auswirkungen eines solchen Erdbebens heutzutage noch viel grösser. „Gemäss der 2019 überarbeiteten kantonalen Risikoanalyse des Walliser Risikoobservatoriums (KOR) stellen Erdbeben im Wallis das zweitgrösste Risiko dar. Durch die Sensibilisierung der Bevölkerung für die Massnahmen, die vor, während und nach einem Erdbeben ergriffen werden müssen, können die individuelle Resilienz gesteigert und das Schadensausmass begrenzt werden“, erläutert Marie Claude Noth-Ecoeur, Chefin der Dienststelle für zivile Sicherheit und Militär.
Um die Walliser Jugend und Bevölkerung auf ein Erdbeben vorzubereiten, entwickelte die HES-SO Valais-Wallis mit Unterstützung des Departements für Volkswirtschaft und Bildung und in Zusammenarbeit mit der Dienststelle für Unterrichtswesen, der Dienststelle für zivile Sicherheit und Militär sowie dem Schweizerischen Erdbebendienst 2016 ein Präventionskonzept, um den Ernstfall zu proben. Dieses Konzept wurde vollständig überarbeitet und verbessert. Dank Investitionen von 2.6 Millionen Franken können neu 27 verschiedene und auf drei Bereiche verteilte Aktivitäten angeboten werden. „Die HES-SO Valais-Wallis hat sich die Förderung der Innovation und die Unterstützung des sozioökonomischen Gefüges zum Ziel gesetzt. Das CPPS deckt sich mit den Aufträgen unserer Fachhochschule sowie den entsprechenden kantonalen Bestreben und ist ein in Europa einzigartiges Zentrum, das dem Verständnis von Erdbeben und der Vorbereitung auf den Ernstfall gewidmet ist“, hält François Seppey, Direktor der HES-SO Valais-Wallis fest.
Der erste Bereich umfasst eine interaktive Ausstellung mit populärwissenschaftlichen Informationen zum Verständnis von Erdbeben und der Plattentektonik. Die Besucherinnen und Besucher können sich mittels konkreter Experimente auf spielerische Weise mit dieser Naturgefahr und ihren möglichen Folgen vertraut machen, damit sie ihre Wohnung und ihre Umgebung auf ein mögliches Erdbeben vorbereiten können.
Auf dem von der Hochschule für Ingenieurwissenschaften der HES-SO Valais-Wallis entwickelten 5x6 m grossen Erdbebensimulator finden 16 Personen Platz. Damit können auf immersive Art und Weise vergangene Erdbeben wie dasjenige von L’Aquila (6,5 auf der Richterskala) oder von Nepal (7,8) simuliert werden. Die Besucherinnen und Besucher können die Auswirkungen eines solchen Erdbebens auf ihre Umgebung (Zimmer, Küche, Schulzimmer usw.) am eigenen Leib erfahren und lernen, wie sie sich im Ernstfall verhalten und schützen können. Im Rahmen der Simulation eines Brands können die Besucherinnen und Besucher neu mittels einer VR-Brille lernen, wie man einen Brand löscht und verschiedene Zähler (Strom/Wasser/Gas) ausschaltet. Dieser Workshop wird in Zusammenarbeit mit Brandschutzfachleuten der Feuerwehr von Sitten durchgeführt. Den Schülerinnen und Schülern wird auch gezeigt, wie man ein Überlebens- und Notfall-Set zusammenstellt.
Für den dritten Bereich kann auf die Unterstützung der Sektionen des Walliser Samaritervereins gezählt werden. Das Ziel besteht darin, den Besucherinnen und Besuchern die Grundlagen der Ersten Hilfe zu vermitteln, damit sie lebensrettende Sofortmassnahmen ergreifen können, aber auch wissen, wie sie sich selbst schützen müssen.
Das CPPS wird auch weiterhin vor allem Walliser Schülerinnen und Schüler sowie ihre Lehrpersonen auf ein Erdbeben vorbereiten. Die Klassen der 9. OS werden im Verlauf des Schuljahres 2023-2024 während drei Stunden die drei oben beschriebenen Module (vor-während-danach) absolvieren. „Im Rahmen ihres Besuchs des CPPS können die Schülerinnen und Schüler die im Unterricht gelernten Kenntnisse zu den Naturgefahren vertiefen und sich mit Präventionsmassnahmen vertraut machen. Pro Jahr werden rund 3000 Schülerinnen und Schüler das CPPS besuchen“, erklärt Christophe Darbellay, Vorsteher des Departments für Volkswirtschaft und Bildung. Das Zentrum steht auf Voranmeldung auch Schulen aus anderen Kantonen und Firmen offen. Am Samstag finden jeweils Besichtigungen auf Deutsch und Französisch für Familien und alle interessierten Personen ab September statt. Anmeldung obligatorisch: www.cpps-vs.ch