Zurück zur vorherigen Seite
Benjamin Erpen, Physiotherapeut und externer Dozent an der HES-SO Wallis.
Wednesday, 04. January 2023 - 13:01

Benjamin Erpen, Physiotherapeut und externer Dozent an der HES-SO Valais-Wallis in Leukerbad im Gespräch.


Herr Erpen, wie sind Sie zur Physiotherapie gekommen?
Meine ersten Begegnungen mit der Physiotherapie fanden im TV statt. Mich faszinierte diese Arbeit mit und für Menschen. Nach der Matura machte ich dann ein Praktikum und anschliessend das Diplom in Physiotherapie. Wir waren 2005 der letzte Diplom-Jahrgang, nachher kam der Bachelor.

Was ist seither an der Schule anders geworden?
Erst einmal die Infrastruktur. Wir haben jetzt einen modernen, hellen, schönen Campus, der sich mit den alten Räumen nicht vergleichen lässt. Auch die Anzahl Studierende hat sich stark erhöht. Die Physiotherapie hat in den letzten 20 Jahren eine grosse Entwicklung erfahren, heute sprechen wir von evidenzbasierter Physiotherapie, d. h., die Grundlage bilden wissenschaftliche Erkenntnisse anhand klinischer Studien. Dies findet natürlich Eingang in den Unterricht. In diesem Kontext wird für die Schule auch die Forschung immer wichtiger. Die Studierenden müssen Studien machen, analysieren. Dadurch ändert sich auch das Unterrichten, bestimmen doch die Inhalte die Form. Trotzdem: Die Arbeit mit dem Patienten, die klinische Erfahrung, steht immer noch im Zentrum.

Sie unterrichten manuelle Therapie. Was ist darunter zu verstehen?
Vereinfacht gesagt, gehen wir den Ursachen einer Bewegungsstörung auf den Grund. Dies bildet dann die Grundlage für die Therapie, welche nicht einfach ein passiver Akt ist: Der Therapeut behandelt den Patienten immer mit dem Ziel, dass dieser selbst aktiv wird, trainiert und so wieder selbstständig wird. Es ist ein wichtiger Bestandteil der Physiotherapie. Aber wir haben auch Patienten aus der Orthopädie, der Neurologie, Traumatologie, Rheumatologie, begleiten bei Atemtherapien, bei Herz-Kreislauf-Therapien – also ein sehr breitgefächerter Beruf, ein vielseitiges Studium.

Was muss jemand mitbringen, damit Studium und Beruf erfolgreich gestaltet werden können?
Grundsätzlich kann man immer und überall viel erreichen, wenn Freude und Motivation stimmen. Dazu kommt Interesse am menschlichen Körper, denn um diesen geht es in unserem Beruf. Die Physiotherapie ist ein manueller Beruf, es braucht also geschickte Hände. Aber auch ein gutes Auge –muss man doch gut beobachten können, um Probleme zu erkennen – und ein gutes Ohr ist wichtig, um Zwischentöne richtig zu interpretieren. Daneben ist die Sozialkompetenz das A und O, steht doch im Mittelpunkt immer der Mensch. Was in Leukerbad noch hinzukommt: Es braucht eine gewisse Offenheit gegenüber den Sprachen, das Studium ist nämlich zweisprachig, Deutsch und Französisch. Aber wie gesagt: Man kann vieles lernen, wenn man will.

Wo sehen Sie die zukünftigen Herausforderungen für die Physiotherapie?
Die Physiotherapie hat sich sehr gut entwickelt, sie wird weiterhin ein wichtiger Pfeiler der medizinischen Grundversorgung sein. Wir müssen also dafür sorgen, dass unsere Ausbildung top bleibt. Vielleicht werden auch die Spezialisierungen noch zunehmen, wie in allen medizinischen Berufen. Sicherlich wird die Digitalisierung an Bedeutung gewinnen. Dem müssen wir uns im Beruf und in der Ausbildung stellen, ist sie doch ein wichtiges Hilfsmittel, dass, wir nützen wollen. Trotzdem bin ich überzeugt, dass auch in Zukunft unsere manuellen Fähigkeiten, unsere Sozialkompetenz im Fokus unserer Arbeit stehen.