Können Sie konkrete Beispiele geben?
Im Projekt «Gripit» wird an Lösungen für den Personentransport im Vakuum geforscht. Es ist ein multidisziplinäres Projekt und der Beitrag unserer Gruppe ist die Entwicklung eines elektrischen Linearmotors für den Antrieb und die Entwicklung des Magnetischen Schwebens/Auftriebs. Beim Projekt «BackupFlex» entwickelten wir Konverterstrukturen und deren Regelung, welche landwirtschaftliche Betriebe vor einem Stromausfall schützen soll, mit möglichst kleinen Zusatzinvestitionen. Auch beim Projekt «ResiNet» geht es um die Problematik «Black out»: Wir entwickeln Microgrids (kleine Stromnetze) mit mehrheitlich erneuerbaren Ressourcen eingebunden über Wechselrichter, welche möglichst resilient gegenüber Cyber-Attacken sein sollen. Im Projekt «Global Diagnostix» entwickelten wir die Spannungsversorgung für ein Low-Cost-Röntgengerät bei instabilen Stromnetzverhältnissen (Drittweltländer).
Wie kommen Sie zu den Forschungsprojekten?
Bei direkten Mandaten gelangen Firmen an uns mit einer konkreten Fragestellung und wir finden Lösungen für ihre Probleme und Herausforderungen. Interessant für die Firma ist der Miteinbezug einer Drittfinanzierung über Innosuisse, das Bundesamt für Energie, oder andere Institute, welche Forschungsprojekte mitfinanzieren. Für die HES-SO-internen Projekte kann man sich einmal im Jahr bewerben. Dabei ist eine Grundbedingung, dass mehrere Westschweizer Schulen beteiligt sind, um die Zusammenarbeit innerhalb der HES-SO zu fördern. Darüber hinaus gibt es auch Europäische Förderung im Rahmen der Horizon-Europa-Projekte.
Welche Auswirkungen haben diese Projekte z.B. auf die Bachelor-Studierenden?
Einmal sicherlich direkt im Unterricht, wo die Projekte als Praxisbeispiele einfließen. Andererseits können wir hier auf eine top Labor-Infrastruktur zurückgreifen, die ihresgleichen sucht. Unsere Studierenden haben Tools zur Verfügung, von denen ich während meines Studiums nur träumen konnte. Aber auch über Themen für Bachelor-Arbeiten sind unsere Studierenden bei Projekten involviert, indem sie Teilfragen und -aufgaben bearbeiten.
Im Oberwallis fragen sich junge Leute manchmal, ob ein Studium in Sitten wegen der Sprache nicht zu schwierig sei.
Ich habe in Lausanne studiert und bereue es keinen Augenblick. Es haben sich mir dadurch sehr viele Türen geöffnet. Das erste Jahr können die Oberwalliser Fächer auf Deutsch studieren, im 2. und 3. dominiert Französisch. Ich möchte sie ermutigen, den Sprung über die Raspille zu wagen. Es ist eine große Chance. Wenn sie unsicher sind, Fragen haben, können sie mich gern kontaktieren.
Was wünschen Sie sich für Ihr Team IED?
Unser Wunsch und Ziel ist es, nicht nur ein Kompetenzzentrum für Motorentwicklung und Leistungselektronik zu sein, sondern auch die Sichtbarkeit schweizweit zu erhöhen. Ich bin zuversichtlich: Wir sind auf gutem Weg.
Stephan Kenzelmann wuchs in Zeneggen auf, studierte an der EPFL in Lausanne Elektrotechnik. Nach dem Doktorat arbeitete er acht Jahre bei der ABB im Bereich Traktion. Seit 2021 ist er Professor an der HES-SO Wallis. In seiner Freizeit klettert er oder aber widmet sich dem Tango, und zwar auf der Tanzfläche und am Klavier. Er wohnt mit seiner Frau und den Kindern in Leuk.
Redaktion: Hermann Anthamatten
WB-Artikel vom 11.09.24