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Sirwa Abdian, Studentin des Studiengangs Soziale Arbeit
Monday, 18. December 2023 - 08:34

Sirwa Abdian, Studentin des Studiengangs Soziale Arbeit an der HES-SO Valais-Wallis in Siders, im Gespräch.

Frau Abdian, Sie studieren Soziale Arbeit. Wieso haben Sie dieses Studium gewählt?
Es war schon immer mein Wunsch zu studieren. Als ich noch im Iran lebte, wollte ich Englischlehrerin werden. Dies hat sich gewandelt. Als Kurdin aus dem Iran habe ich erlebt, wie wichtig Unterstützung in schwierigen Zeiten ist. Und dies möchte ich gerne weitergeben. Meine eigene Lebensgeschichte und meine Erfahrungen als Dolmetscherin haben mir gezeigt, wie wichtig es ist, allen Menschen, unabhängig von ihrer Herkunft oder Lebenssituation, eine Stimme zu geben und ihnen zu helfen, ihr Potenzial auszuschöpfen. Und so studiere ich Soziale Arbeit.

War es für Sie einfach, die Zulassung zum Studium zu erhalten?
Leider nicht. Aber zum Glück hat mir die Schule den möglichen Weg aufgezeigt. Ich habe meine Matura im Iran gemacht, die hier jedoch nicht anerkannt wird. Obwohl ich alle nötigen Dokumente übersetzen liess, lautete am Ende die Antwort: nein. Das war frustrierend. Ich musste den Weg des Aufnahmeverfahrens «sur dossier» nehmen, was sowohl einen grossen zeitlichen als auch finanziellen Aufwand bedeutete. Es ist mein Wunsch, dass zukünftig die Anerkennung ausländischer Bildungsabschlüsse in der Schweiz einfacher wird, um vielen Menschen die Möglichkeit zu geben, ihre Bildungsziele zu verfolgen. Diese Anerkennung ermöglicht Einwanderern und Flüchtlingen eine schnellere Integration in die schweizerische Gesellschaft und fördert die Vielfalt und Inklusion.

Sie studieren Teilzeit. Wieso haben Sie diesen Modus gewählt?
Ich bin nicht nur Studentin, sondern auch Mutter, Ehefrau und Dolmetscherin. Da das Teilzeitstudium während fünf Jahren an zwei Tagen pro Woche stattfindet, kann ich diese drei wichtigen Pfeiler in meinem Leben optimal mit dem Studium verbinden.

Wie war es für Sie nach so langer Zeit wieder in die Schule zu gehen?
Ein tolles Gefühl! Natürlich war und ist es nicht immer einfach. Deutsch ist ja nicht meine Muttersprache. Vor allem das erste Jahr war sehr herausfordernd, aber ich habe nie daran gedacht aufzugeben. Zum Glück wurde ich von den Dozierenden und den Mitstudierenden sehr gut unterstützt. Ich fühle mich trotz des Altersunterschieds – die meisten Kommilitonen sind im Alter meines ältesten Sohnes! – in der Klasse sehr wohl. Die unterschiedlichen Erfahrungen der einzelnen Studierenden ermöglichen einen spannenden Austausch in einem lebendigen Lernumfeld. Ich glaube, es hält mich auch jung! Jetzt im 3. Semester geht es immer besser, auch wenn das Schreiben weiterhin eine Herausforderung ist und der Aufwand für mich gross ist. Aber den nehme ich gerne auf mich, weil ich so meinen Traum vom Studium realisieren kann. Es ist wichtig und gut, die persönliche Komfortzone zu verlassen und sich weiterzuentwickeln.

Es gibt in Siders die drei Vertiefungsrichtungen Sozialarbeit, Sozialpädagogik und Soziokulturelle Animation. In welchem Bereich sehen Sie sich?
Ganz klar in der Sozialarbeit. Ich könnte mir sehr gut vorstellen, nach dem Abschluss zum Beispiel in einem Flüchtlingsheim zu arbeiten und dort meine persönlichen Erfahrungen und das im Studium erworbene Knowhow einzubringen. Auch die Schulsozialarbeit interessiert mich sehr. Ich glaube, dass ich mit meinem Background einen Beitrag zu einer inklusiven und integrativen sozialen Arbeit leisten kann.


Zur Person

Sirwa Abdian aus Glis studiert Soziale Arbeit in Teilzeit an der HES-SO Wallis in Siders. Daneben arbeitet Sie als Dolmetscherin. Sie kam vor 21 Jahren aus dem Iran in die Schweiz, ist verheiratet und hat zwei Söhne. In ihrer Freizeit ist sie Feuerwehrfrau und im Samariterverein aktiv.


Artikel vom Dezember 2023. Redaktor: Hermann Anthamatten