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Alain Imboden, Leiter des Studiengangs Tourismus
Thursday, 13. October 2022 - 08:43

Mit Beginn des Studienjahrs 2022/23 trat Alain Imboden nach dreijähriger Tätigkeit als Dozent offiziell seine neue Stelle als Leiter des Studiengangs Tourismus der HES-SO Valais-Wallis an. Tourismuskrise, Pandemie, Nachhaltigkeit, neuer Rahmenstudienplan, Rückgang der Studierendenzahlen – wir wollten mehr über die Vision und die Ziele des neuen Studiengangleiters erfahren. Wir trafen ihn in seinem Büro auf dem Campus Bellevue. 

Welche Vision und Ziele haben Sie für den Studiengang Tourismus?

Dieser Studiengang war der erste an der Hochschule für Wirtschaft, der vor zweieinhalb Jahren einen neuen Rahmenstudienplan eingeführt hat. Statt auf den Erwerb von Wissen nach Fächern setzt der neue Studienplan auf Multidisziplinarität und den Erwerb von Kompetenzen. Er wird anhand des Feedbacks der Studierenden, der Dozierenden und der Tourismusbranche kontinuierlich weiterentwickelt werden.

Mittelfristig haben wir uns insbesondere zum Ziel gesetzt, Studierende aus der ganzen Schweiz und insbesondere aus der Deutschschweiz anzuziehen. Die Zahl der deutschsprachigen Studierenden ist rückläufig und wir werden uns aktiv um diesen Markt bemühen.  

 

Wie wollen Sie die Attraktivität des Studiengangs steigern?

Das Angebot für Ausbildungen im Tourismussektor und allgemein auf Tertiärstufe wird immer grösser. Um die Attraktivität unseres Studiengangs zu steigern, werden wir diesen ab Herbst 2023 als vierjährige Teilzeitausbildung anbieten, damit die Studierenden neben dem Studium einer Erwerbstätigkeit nachgehen können. Mittelfristig planen wir die Einführung eines Online-Bachelors. Dieser wird als vollwertiger Online-Studiengang konzipiert werden und nicht eine digitale Anpassung der bestehenden Ausbildungsinhalte sein. Unser Ziel ist es, diese Möglichkeit in den kommenden zwei bis drei Jahren anzubieten.   

Die Qualität der Studienerfahrung steht für uns an erster Stelle. Kundenerfahrung ist ein Konzept, das wir unseren Studierenden während ihrer gesamten Ausbildung vermitteln, Wir wählen diesen Ansatz auch für die Erfahrung, die wir unseren gegenwärtigen und zukünftigen Studierenden sowie über ein aktives Alumni-Netzwerk auch unseren ehemaligen Studierenden bieten möchten.

Der Tourismussektor gehört zu den Branchen, die von der COVID-19-Pandemie stark betroffen waren. Was raten Sie jungen Menschen, die zögern, eine Ausbildung in diesem Bereich aufzunehmen?

Es stimmt, dass dieser Sektor direkt betroffen war, und es ist verständlich, sich zu fragen, ob er noch solide Berufsaussichten bietet. 

Doch wenn wir die Situation mit etwas Abstand betrachten, stellen wir fest, dass der Tourismussektor Krise um Krise überstanden hat. Diese Branche erweist sich immer wieder als sehr widerstandsfähig. Die Menschen haben Lust, ja sogar ein Bedürfnis zu reisen. Nicht unbedingt immer sehr weit, doch sie haben seit jeher den Drang, die Welt zu erkunden, und dies wird sich nicht ändern. 

Die ersten Zahlen zeigen übrigens, dass der Tourismus seit Ende der Pandemie wieder anzieht. Der Inlandtourismus, der während der COVID-Krise zugenommen hat, bleibt weiterhin stark, während die nun wieder möglichen Auslandsreisen ein ermutigendes Wachstum zeigen. Für die meisten Länder wird in den nächsten zwei bis drei Jahren eine Rückkehr zum Niveau vor der Pandemie erwartet.

In der Tourismusbranche besteht derzeit ein grosser Bedarf an Fachkräften mit unterschiedlichen – auch hohen – Qualifikationen. Die Berufsaussichten sind gut, sowohl im Wallis wie auch im Ausland, und sie werden sich noch verbessern. An dieser Stelle möchte ich darauf hinweisen, dass auch während der Pandemie die Beschäftigungsquote unserer Studienabgänger und -abgängerinnen fast 100 % betrug.

 

Nach dem heissen Sommer ist das Thema Klimawandel noch stärker in den Fokus gerückt, insbesondere bei den Jugendlichen, die den Tourismus zunehmend als eine der Hauptursachen sehen. Was sagen Sie dazu?

Die Pandemie hat gezeigt, dass weniger Reisen unserem Planeten gut tut. Dies ist förderlich für einen nachhaltigeren Ansatz in der Wirtschaft, den wir dringend benötigen.

Der Tourismus wird oft als schwarzes Schaf in Sachen Umweltschutz betrachtet. Es wird vieles auf den Tourismus geschoben, der unter den Folgen eines Managements und einer Entwicklung leidet, für die in der Vergangenheit Nachhaltigkeit nicht an erster Stelle stand. Es ist nun an der Zeit, im Tourismus auf wirtschaftlicher, sozialer und ökologischer Ebene nachhaltig zu denken. 

In unserem neuen Rahmenstudienplan ist Nachhaltigkeit ein wichtiges Thema, nicht nur einer einzigen Vorlesung oder eines einzigen Moduls, sondern als Leitfaden während der gesamten Ausbildung. Dank dieses bereichsübergreifenden Ansatzes lernen unsere Studierenden, nachhaltig zu denken und zu entscheiden und erwerben so die Fähigkeit, den nachhaltigen Tourismus von morgen zu gestalten. 

 

Bietet der Studiengang Tourismus auch Berufsmöglichkeiten in anderen Sektoren als dem Tourismus?

Analog zu den Hotelfachschulen stellen wir fest, dass die Absolvierenden einer Tourismusausbildung später nicht automatisch in der Hotel- und Tourismusbranche tätig sind. Sie werden vor allem aufgrund ihrer Sozialkompetenz und ihrer Soft Skills eingestellt.  

Heutzutage ist die Fähigkeit, Kundenbeziehungen aufzubauen, Kundenerfahrungen zu vermitteln sowie ein Gespür für den Kunden und seine Bedürfnisse zu haben, sehr gefragt. Und genau dies unterrichten wir im Studiengang Tourismus. 

Wir bilden Fachleute aus, die sich an die Bedürfnisse anderer Wirtschaftssektoren anpassen können. Diese Vielfalt unseres Ausbildungsprofils ist eine unserer grossen Stärken.  

 

Was möchten Sie den Studierenden als neuer Leiter des Studiengangs mit auf den Weg geben?

Ich möchte ihnen sagen, dass sie die richtige Wahl für ihre Zukunft getroffen haben. Für den neuen Studienplan haben wir durchgehend positive Rückmeldungen erhalten. Er ist innovativ und sehr gut auf den Tourismus der Zukunft ausgerichtet. Der Erwerb von Kompetenzen, die kontinuierliche Weiterentwicklung des Studienprogramms, das umfangreiche Angebot an Modulen, das letzte Jahr mit der Möglichkeit, dank Optionen die Ausbildung individuell zu gestalten – all dies macht die Stärken des Studiengangs aus. 

Die Ausbildung ist sehr stark auf Projekte ausgerichtet, die in Zusammenarbeit mit externen Partnern durchgeführt werden und sich mit Problemen aus der Berufspraxis befassen. Es stimmt, dass das Praktikum im letzten Jahr abgeschafft wurde. Wir haben uns entschieden, es durch ein stark praxisorientiertes letztes Jahr mit betreuten Modulen zu ersetzen. Im Gegensatz zu den Praktika ermöglicht uns dies, klare Ziele zu erreichen. Die Qualität unseres Ausbildungsprogramms stimmt mich zuversichtlich und ich bin stolz auf diesen Studiengang! 

Nach seinem Studium in der Schweiz und in Schweden war Alain Imboden 14 Jahre lang an der Ecole des Roches in Crans-Montana tätig, bevor er 2019 an die HES-SO Valais-Wallis wechselte. Der gebürtiger Sittener, begeisterte Bergsportler und Schwedenliebhaber steht vor der Herausforderung, den von der Pandemie und dem Bewusstsein für die Auswirkungen dieses Sektors auf den Planeten gezeichneten Studiengang Tourismus weiterzuentwickeln. Er ist von seinem Beruf begeistert und möchte den Studierenden in erster Linie eine qualitativ hochwertige Erfahrung bieten, insbesondere durch die kontinuierliche Verbesserung des neuen Rahmenstudienplans. Bezüglich der Zukunft des Tourismussektors und der Berufsaussichten seiner Studierenden zeigt er sich realistisch, aber zuversichtlich.

Alain Imboden
Kontakt:
Leiter/in des Studiengangs Tourismus, Alain Imboden