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Tuesday, 14. November 2023 - 11:00

Mara Graziani, Forschungsassistentin an der HES-SO Valais-Wallis, hat den mit CHF 25'000.- dotierten Schweizer Wissenschaftspreis Latsis erhalten, mit dem herausragende wissenschaftliche Arbeiten junger Forschender honoriert werden. Anlässlich der Preisverleihung bedankte sie sich herzlich bei ihren Doktorvätern Henning Müller, Professor an der HES-SO Valais-Wallis, Stéphane Marchand-Maillet, Professor an der Universität Genf, und Vincent Andrearczyk, leitender wissenschaftlicher Mitarbeiter an der HES-SO Valais-Wallis, für ihre fachliche Unterstützung. Ihr Studium hat Mara Graziani von Italien über England in die Schweiz geführt. Gegenwärtig können die Schweiz und das Wallis von ihrer Kreativität, ihrer Weltoffenheit und ihrem Enthusiasmus profitieren. 

Mara Graziani absolvierte einen Bachelor an der Universität La Sapienza in Rom und anschliessend einen Master an der Universität von Cambridge. Für die Doktorarbeit fiel ihre Wahl auf die HES-SO Valais-Wallis und die Universität Genf. Gegenwärtig arbeitet sie in Siders, Genf und Zürich als Forscherin für IBM Research Europe. Dank ihrer herausragenden Doktorarbeit über die Interpretierbarkeit von Deep Learning im Bereich der medizinischen Bildanalyse wurde sie 2022 zu einer der 100 prägenden Persönlichkeiten in der Westschweiz gewählt. Mara Graziani möchte den Jugendlichen Folgendes auf den Weg geben: „Setzt euch für Innovation und vor allem für Innovation im Dienst der Gesellschaft ein und seid neugierig für alles um euch herum.“

 

Dank Neugierde die Welt besser verstehen

Algorithmen sind aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken: Mobiltelefone, PCs, digitale Dienstleistungen von öffentlichen Verwaltungen, Firmen oder Spitälern. Viele dieser Algorithmen vereinfachen unser Leben. Mara Graziani befasste sich im Rahmen ihrer Doktorarbeit mit Algorithmen zur Verhinderung oder Früherkennung von Krebserkrankungen. Dabei konzentrierte sie sich auf die Zuverlässigkeit, Sicherheit und Transparenz der Algorithmen, damit diese eines Tages Krankheiten ebenso gut erkennen können wie der Mensch. Ihr Ziel bestand darin, Deep-Learning-Modelle, die für die medizinische Bildgebung verwendet werden, für die Ärzteschaft verständlicher zu machen. So drückte sie beispielsweise die High-Level-Pattern, die vom Modell erlernt werden, in Form von klinischen Merkmalen aus. Diese Analyse hat zum Ziel, das Vertrauen der Nutzenden in die Integration der KI in den Klinikalltag zu stärken und diese Modelle vermehrt auf neue Patientendaten anzuwenden. Mit dem Aufkommen der generativen KI muss auch der Zuverlässigkeit und Erklärbarkeit der Algorithmen mehr Bedeutung geschenkt werden. Wir leben in einer schnelllebigen Zeit, in der Regulierung und Forschung wichtig sind.

 

Begeisterung wecken und Vertrauen schaffen

Für Mara Graziani war ihr Weg vom Bachelor bis zum Doktortitel von Vertrauen und Enthusiasmus geprägt.  Dankbar ist sie vor allem ihrer Familie, die sie finanziell unterstützt hat. Für die Doktorarbeit konnte sie für die technischen Aspekte auf Vincent Andrearczyk zählen. Die beiden Mitbetreuer Henning Müller und Stéphane Marchand-Maillet liessen ihr freie Hand, damit sie an einem Thema arbeiten konnte, das ihr am Herzen liegt. „Es sind Männer, die es mir als Frau ermöglicht haben, mich in meinem Fachgebiet auszuzeichnen. Ich fordere Forscher auf, ihre weiblichen Kolleginnen zu unterstützen“, hält sie fest. Sie fühlt sich privilegiert, denn sie konnte trotz der hohen Kosten für ein Hochschulstudium und der Vorurteile gegenüber Frauen in technischen Berufen sowie der Tatsache, dass Emotionen in akademischen Kreisen oft als Schwäche betrachtet werden, gezielt ihren Weg gehen. „Frauen codieren und sie machen das gut“, begeistert sie sich. „Ich weiss, dass ich auf mich stolz sein kann, aber ich weiss auch, dass ich das Glück hatte, auf grosse Unterstützung zählen zu können.“ Sie wünscht sich, dass Frauen vermehrt technische Berufe erlernen und Informatikstudien für alle zugänglich werden, d. h. nicht an finanziellen Mitteln oder am fehlenden Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten scheitern. Aus diesem Grund hat sie ein Online-Mentoring-Programm für junge Menschen entwickelt, die einen Master oder eine Doktorarbeit absolvieren. Confident Learner befasst sich mit Strategie, Zeitmanagement, Effizienz, aber auch mit Empathie in der Kommunikation, gewaltfreier Konfliktbewältigung und dem Umgang mit Emotionen. 


Ein Podcast und ein E-Book werden ab Dezember zur Verfügung stehen. Für Mara Graziani sind Emotionen und Kreativität untrennbar und der Forschungsbereich leidet ihrer Ansicht nach an einer kreativen Krise. Zu deren Bewältigung sollte man sich auf die eigenen Gefühle verlassen, um wissenschaftliche Arbeiten wirkungsvoll zu präsentieren, prägende Vorträge zu halten und auch dem Privatleben genügend Platz einzuräumen. Als Frau hat man es in der Forschung schwierig, und es herrscht ein ständiger Druck, immer mehr zu arbeiten, um wettbewerbsfähig zu bleiben. „Ich will mein Privatleben nicht dem Beruf opfern. Man muss nicht ständig arbeiten, um gute Arbeit zu leisten“, erklärt sie. Ohne geistiges und körperliches Wohlbefinden ist es nicht möglich, kreativ hochstehende Forschung zu betreiben. Emotionen sind wichtig, um mit Druck, immer kürzeren Fristen, Stress und manchmal auch der Tatsache, die einzige Frau im Team zu sein, umgehen zu können.   

 

Im Januar wird Mara Graziani die akademische Welt definitiv verlassen, um sich voll auf ihre Tätigkeit im IBM-Forschungszentrum in Zürich zu konzentrieren. Sie wird dort ihre Arbeit weiterführen und hofft, dass sie damit die Wissenschaft voranbringen kann. Sie freut sich darauf, sich in diesem Unternehmen weiterzuentwickeln, dessen Ethik und inklusives Management ihren Vorstellungen entsprechen. Ihr Dank geht an die Universität Genf, die HES-SO Valais-Wallis, die Stiftung Latsis und vor allem an alle Personen, die sie bisher stets wohlwollend unterstützt haben.