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Jean-Paul Fellay
Thursday, 14. July 2022 - 10:42

Interview mit ihrem Direktor, Jean-Paul Felley

Die Schule für Gestaltung und Hochschule für Kunst (EDHEA), die 1949 in Saxon vom Maler Fred Fay gegründet wurde, hat sich einen guten Ruf geschaffen und entwickelt sich ständig weiter. Seit ihrer Gründung hat sie dreimal ihren Namen gewechselt und 2025 steht ihr vierter Umzug an einen neuen Standort bevor. In den letzten 30 Jahren ist die Zahl der Studierenden von rund 100 auf über 240 gestiegen und die Räumlichkeiten der EDHEA sind zu eng geworden. Der Ende 2018 vom Walliser Staatsrat angekündigte Bau eines neuen Gebäudes wird sowohl die Bedürfnisse der Schule als auch diejenigen der Walliser Kulturwelt erfüllen.

Der Architekturwettbewerb für den Bau des neuen Campus wurde 2021 lanciert. Welche Erwartungen hat die EDHEA an dieses ehrgeizige Projekt, das den Namen der Schule weit über das Wallis hinaus bekannt machen soll?  

Aus welchen Gründen muss die EDHEA umziehen?

In den jetzigen Räumlichkeiten in Siders stossen wir an unsere Grenzen. Darüber hinaus sind die Räumlichkeiten veraltet, auch wenn das Hauptgebäude über einen gewissen Charme verfügt. Wir arbeiten in Siders an drei verschiedenen Standorten: Im Hauptgebäude neben dem Spital, in einem zweiten Gebäude neben dem Theater Les Halles (TLH), das wir von der Stadt Siders mieten und wo unser Unterricht in den Fächern Sound, Video und Foto stattfindet, und in den ehemaligen Usego-Hallen, die ebenfalls von der Gemeinde zur Verfügung gestellt werden und wo unsere Studierenden ihre kreativen Projekte ausleben. Dort wird auch der neue Campus entstehen.

Welche Anforderungen werden an dieses architektonische Projekt gestellt?

Die Usego-Hallen gehören zum Walliser Industrieerbe. Die Architekturbüros, die am Wettbewerb teilnehmen, müssen dies berücksichtigen und auch die weitere Umgebung einbeziehen. In der Schweiz gibt es sieben Hochschulen für Kunst, die ihren Studierenden moderne Studienumgebungen bieten. Die EDHEA muss ihren Ambitionen ebenfalls gerecht werden. Der neue, 9000 m2 grosse Campus wird der perfekte Standort für das Angebot künstlerischer Ausbildungen sein.  

Welche Erwartungen haben Sie an diesen neuen Campus?

Sehr hohe. Wir müssen eine nachhaltige Vision haben. Es wird keine herkömmliche Schule mit klassischen Unterrichtsräumen sein. Eine Schule für Gestaltung und Hochschule für Kunst befindet sich stetig in Bewegung und muss sich fortlaufend anpassen können. In 10 Jahren werden wir voraussichtlich über 350 Studierende haben. Wir müssen deshalb über ein Gebäude verfügen, das sich weiterentwickeln kann.

Wir haben natürlich auch hohe Erwartungen in Sachen Nachhaltigkeit. Wir wollen nicht nur Solarpanels auf dem Dach installieren, sondern uns Gedanken machen über die verwendeten Werkstoffe, die Abwasseraufbereitung, die Heizung und die Lebensqualität in den Gebäuden.

Das Leben und der Arbeitsrhythmus an einer Kunsthochschule sind anders. Ich träume von einer Schule, die 24 Stunden am Tag und 7 Tage die Woche geöffnet ist. Wir müssen unseren Studierenden diese Möglichkeit bieten können. 

Wir stellen zahlreiche Überlegungen an, sowohl unter Kollegen und Kolleginnen als auch mit unseren Studierenden. So ist zum Beispiel die interne und externe Kommunikation ein wichtiger Punkt. Eine neue Schule zu bauen, ist eine einmalige Gelegenheit, unsere Träume Wirklichkeit werden zu lassen. 

Wir dürfen nicht vergessen, dass der Bau einer Schule in Siders nicht mit der Situation in Kulturzentren wie Genf oder Paris verglichen werden kann. Die Kunstwelt wandelt sich sehr schnell. Kunst ist seit dem letzten Jahrhundert internationaler und volksnäher geworden, und gleichzeitig umfassender und übergreifender. Die Nähe zum Theater Les Halles ist deshalb für uns ein grosser Vorteil. Die COVID-Pandemie hat zudem das menschliche Bedürfnis nach Zusammenhalt und Kultur stark verdeutlicht. Wir brauchen Räumlichkeiten, die mit all diesen Veränderungen und Entwicklungen Schritt halten können. 

Wie wird der neue Campus strukturiert werden?

Das Erdgeschoss wird öffentlich zugänglich und deshalb sehr offen sein. Ein Teil davon wird als Ausstellungsraum, wie ein Kunstzentrum, konzipiert. Weiter ist eine Aula geplant, die auch zum Kino umfunktioniert werden kann, um dem Autorenfilm einen Platz zu bieten. Die Fachbibliothek für Design und zeitgenössische Kunst wird öffentlich sein, im Gegensatz zu den oberen Geschossen, die für die Ausbildung reserviert sein werden. 

Welches ist der Stand des Projekts?

Eine 20-köpfige Jury, zusammengesetzt aus Fachpersonen aus den Bereichen Architektur, Ingenieurwissenschaften, Kultur usw., wird aus den eingereichten Projekten das Siegerprojekt auswählen. Die Ergebnisse werden im Februar 2022 bekanntgegeben und anschliessend muss ein Dossier für den Grossrat vorbereitet werden. Wenn alles planmässig läuft, sollten wir unseren neuen Campus im Herbst 2025 beziehen können.