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René Schumann et Kresimir Kusic
Monday, 06. February 2023 - 08:30

René Schumann ist seit vielen Jahren Forschungsprofessor am Institut Informatik der HES-SO Valais-Wallis. Er ist nie um einen einfallsreichen Witz verlegen, sein Humor ist ebenso scharf wie seine Intelligenz. Er ist dreisprachig und wird in seinem Team häufig von Postdoktoranden mit unterschiedlichem Hintergrund und unterschiedlicher Herkunft unterstützt. Vielleicht ist es diese Offenheit, die ihn auf natürliche Weise zum Thema Mobilität geführt hat? Er ist vielmehr ein brillanter Geist, der unermüdlich nach wissenschaftlichen Antworten auf komplexe Probleme sucht. So gesteht er, dass er sich für das Thema Mobilität interessiert, weil es "ein schwieriger Bereich ist, der viele Entscheidungsträger - vom Nutzer bis zum Politiker - einbezieht und auch sehr emotionale Reaktionen mit sich bringt". René Schumann liebt also schier unlösbare Herausforderungen und komplexe Forschungsfragen.

Bestehende Daten aufwerten

Er erklärt uns, dass es viele Daten zur Mobilität gibt und einige sogar frei zugänglich sind, wie die Daten des Bundesamts für Statistik. Dennoch reicht ein Zugang zu den Daten nicht aus, denn man muss sie auch zum Sprechen bringen können, indem man sie aufwertet. Das SI Lab - Smart Infrastructure Lab (Labor für intelligente Infrastruktur) unter der Leitung von René Schumann macht sich daran, dies zu tun. Im Gegensatz zu anderen Bereichen der Nachhaltigkeit gibt es im Bereich der Mobilität eine Vielzahl von Akteuren, die durch die Handlungen der Nutzerinnen und Nutzer in jedem Moment beeinflusst werden. Es ist auch schwierig, das Verhalten von Privatpersonen zu beeinflussen, da dies in den Bereich der Bewegungsfreiheit fällt, die als eine wesentliche Freiheit angesehen wird. So führen Änderungen in der öffentlichen Politik zu teilweise heftigen Reaktionen (man denke an die Gelbwesten in Frankreich oder die Panikkäufe der Engländer im Jahr 2021, als eine Benzinknappheit drohte). Ein Privatfahrzeug bedeutet Freiheit, ist aber für Menschen, die in Randgebieten leben, manchmal unverzichtbar. Politische Entscheidungen sind in diesem Bereich daher heikel, da jeder Akteur eine ihm eigene Logik vertritt (finanziell, optimierend oder wahltaktisch). Um Entscheidungen zu treffen, die den Erwartungen der Bevölkerung gerecht werden und eine wirksame und nachhaltige öffentliche Politik umsetzen, ist es daher wichtig, sich auf die Datenwissenschaft stützen zu können.

Digitaler Zwilling - eine Simulation der Realität

Damit politische Vertreterinnen und Vertreter die besten Entscheidungen treffen können, möchte das SI Lab ihnen Empfehlungen geben, die auf wissenschaftlichen Erkenntnissen beruhen. Die vorhandenen aktuellen Daten werden in glaubwürdigen und regional angepassten Modellen verwendet. Dieses Modell funktioniert mithilfe des digitalen Zwillings. Mit anderen Worten: Ein digitaler Zwilling ist eine virtuelle Nachbildung eines Systems, das in Echtzeit aktualisiert wird. So kann der digitale Zwilling der Verkehrslage in der Stadt Zürich mithilfe der vorhandenen erhobenen Daten erstellt werden. Es ist dann möglich zu simulieren, wie sich eine Gesetzesänderung oder eine politische Entscheidung auf die Mobilität der Zürcherinnen und Zürcher auswirken könnte.

Öffentliche Politik auf der Grundlage wissenschaftlicher Erkenntnisse

Dank einer Partnerschaft mit der Universität Zagreb arbeitete Krešimir Kušić ein Jahr lang im SI Lab an diesem Thema. Mit einem Exzellenzstipendium des Bundes ausgestattet, kombinierte er die klassische Simulation des Straßenverkehrs mit bestehenden Echtzeit-Verkehrsdaten. Die Echtzeit ist hier nicht augenblicklich, sondern stellt eine angemessene Latenz dar. Jede Minute erhält der digitale Zwilling Daten aus der realen Welt und so passt sich die Simulation ständig an, um der Realität so nahe wie möglich zu kommen. Dies ist insbesondere durch die Nutzung der Open-Data-Plattform für die Mobilität in der Schweiz möglich, die vom Bundesamt für Straßen zur Verfügung gestellt wird und zur nationalen Mobilitätsplattform werden soll. Das SI Lab kann so mit diesen Daten Werte schaffen und einen digitalen Zwilling aufbauen. Dieser kann sich aus realen Informationen speisen und eine möglichst detaillierte Simulation der Situation liefern, indem er die Anzahl der Fahrzeuge und ihre Geschwindigkeit an einer bestimmten Stelle im Verkehr mit einbezieht.

SI Lab - ein echtes Labor für Mobilität.

Innerhalb des SI Lab laufen verschiedene Projekte mit Bezug zur Mobilität. Eines der Projekte versucht durch die Analyse eines Autobahnmodells in der Nähe von Genf vorherzusagen, was zwischen einem Punkt A und einem Punkt B im Verkehr passieren wird. Die Idee ist, eine Schätzung des Verkehrs an anderen Punkten des Straßennetzes vorzuschlagen, dort Strategien zur Verkehrssteuerung zu testen und möglicherweise Verkehrsprognosen zu erstellen. Weitere Projekte im Zusammenhang mit Mobilität werden vom Team um René Schumann durchgeführt, darunter ein Innosuisse-Flagship, das den Güterverkehr in einem städtischen Gebiet untersuchen und reduzieren soll. Das SI Lab denkt über die Entwicklung eines agentenbasierten Modellsystems nach (ein Computermodell zur Simulation von Aktionen und Interaktionen). Dieses Modell könnte es ermöglichen, über neue Verkehrsmodelle nachzudenken und insbesondere dabei helfen, eine Reihe von Fragen zu beantworten: Wie verhält sich die Bevölkerung in Bezug auf den privaten und öffentlichen Verkehr, welche öffentlichen Maßnahmen sollten ergriffen werden und welche Folgen haben sie? Warum und wie sollte eine Art der Mobilität eher gefördert werden als eine andere?

Weitere Informationen: https://www.hevs.ch/fr/mini-sites/projets-produits/si-lab/